Dienstag, 15. Oktober 2013

GLORIA - Wenn aus einem moderierenden Friseur plötzlich eine Band wird.


Schuster, bleib bei deinen Leisten!

Eine Weisheit, die gerade in unserer heutigen Zeit viel zu stiefmütterlich behandelt wird. Maßlose Selbstüberschätzung und fehlender Realitätssinn führen immer häufiger dazu, dass auf der Suche nach Anerkennung, Aufmerksamkeit und Reichtum aus Bäckerei-Fachverkäufern nebenberufliche Tupperwaren-Verticker, aus Masseuren Katzen-Flüsterer und – wenn man einen Blick in die Welt der ohnehin schon Schönen und Reichen wirft – aus Schauspielern Designer und aus Models Möchtegern-Sängerinnen werden. Talent und/oder eine notwendige Ausbildung? Pappalapapp, wer braucht das schon? Fremdschäm-Attacken und Witzfiguren-Alert? All inclusive!
Doch zum Glück ist das nicht immer so. Dem Himmel sei Dank gibt es auf dieser Welt auch die andere Sorte Quereinsteiger und beruflicher Umsattler. Jene, denen man für ihren mutigen Schritt anerkennend auf die Schultern klopfen darf. Und sollte!




Ein gutes Beispiel dafür, dass das Eintauchen in einen einem sonst fremden Wirkensbereich zum genauen Gegenteil einer Lachnummer werden kann, nämlich zu einer höchst hörens- und sehenswerten Sache, zeigt sich momentan an der Band Gloria
Die Band und das deutschsprachige Gitarrenpop-Projekt dahinter sind neu - die Beteiligten aber bereits alte Hasen im Show- und Musikbizz. 50% von Gloria gehen auf die Kappe von Mark Tavassol (früher saitenmäßig mit Wir sind Helden unterwegs), übrigens die einzigen 50% mit Profi-Musikerfahrung. Die anderen 50% Manpower exklusive Profi-Musikerfahrung aber inklusive Gesangstalent steuert Klaas Heufer-Umlauf bei - sonst gelernter Friseur, mittlerweile schwer erfolgreicher Moderator, Teilzeit-Schauspieler und nun eben die Stimme von Gloria.


Dass letzterer dem öffentlichen Musizieren bzw. Singen nie ganz abgeneigt war, zeigt die Vergangenheit: Noch zu VIVA-Zeiten gab er gelegentlich seine Elvis-Cover-Künste zum Besten, wenn er nicht gerade im Superman-Kostüm auf die Bühne der Comet-Verleihung flog und sich in das Musikerherz des Wir sind Helden-Bassisten katapultierte. Noch kürzlich trat er musikalisch im Sparten-Programm des öffentlich-rechtlichen Fernsehens innerhalb der ihm und Kollegen Winterscheidt anvertrauten Sendung „neoParadise“ unter der Begeisterung Tausender Anhänger weniger ernst gemeint, dennoch mit deutlich spürbarer Inbrunst als „Der Heufer“ auf.
Mit Gloria zeigt Klaas Heufer-Umlauf nun, dass in ihm auch etwas anderes steckt, als ein nicht-auf-den-Mund-gefallener, gefühlsloser Entertainer, nämlich ein durchaus talentierter, glaubwürdiger Sänger mit dem Gespür für unschnulzige, melancholische Texte. Die Gitarrenklänge, die Kollege Tavassol dazusteuert, stürmen bei dem einen Lied nach vorn, bei dem anderen nehmen sie sich bewusst zurück, eben so, wie der Text es braucht.
Woran jahrelang hobbymäßig geschraubt, komponiert und geschrieben wurde, fand Ende letzten Monats in einem Album nun seinen Höhepunkt.


Gloria - Das gleichnamige, richtig flotte Debütalbum von Gloria.
Macht sich übrigens in physischer Form im CD-Regal auch richtig glory!


Ich hatte das Gloria-Erstlingswerk direkt am Erscheinungstag legal und in physischer Form (ja, so etwas darf und sollte mal betont werden) käuflich erworben und noch am gleichen Tag während meines Umzugs von Düsseldorf nach Berlin auf Herz, Nieren und Hörtauglichkeit geprüft. Mein Urteil: Eine Platte zum Aufbrechen und Ankommen - um es mit der Melancholie eben jener zu sagen. Hach.



Also: Ein Reinhörbefehl, der von Herzen kommt.

Marie