Wie in jedem Jahr zu dieser Zeit ist mal wieder mächtig viel los in Cannes. Die örtlichen Filmfestspiele haben geladen und neben den hochkarätigen Filmschaffenden aus der ganzen Welt ist selbstverständlich auch ganz Namenswert-Hollywood an der sonnigen Côte d’Azur zugegen. Nur einer nicht: George Clooney. Anstatt das Leben an diesen Tagen an der wunderbar sonnigen französischen Mittelmeerküste zu genießen, macht der es sich gerade ganz woanders gemütlich – zwischen Bergen, Hexen und Käse im Harz. Where else?
George Clooney - neuer Liebling der Harzer Lokalpresse. (aus: Harzer Volksstimme) |
Im Harz? mögen sich jetzt vermutlich einige fragen. Ja, im Harz. Während seine Schauspielerkollegen DiCaprio, Gosling und Douglas zur Zeit ihre neusten Filme in Cannes vorstellen, hält Mr. Clooney samt Hund und Kegel das kleine, grüne, geschichtsträchtige, aber doch eher verschlafene Fleckchen Erde in der Mitte Deutschlands in Atem. Doch nicht etwa – wie man denken könnte - um mit Rucksack und Wanderschuhen auf den Spuren Goethes oder Heines unterwegs zu sein und sich selbst ein Bild vom sagenumwobenen, mysteriösen Blocksberg zu machen. Nein – George Clooney macht hartes Hollywood-Business im Harz. Der Anlass seines Aufenthaltes: Der Dreh seines neuen Films "The Monuments Men", ein Film über Kunstexperten und -liebhaber, die während des zweiten Weltkriegs unter Einsatz ihres Lebens Museumsschätze vor den Nazis retteten.
Ja, und?! wird die nächste Frage sein, die man sich als Leser nun stellen mag, es kommt ja nun nicht so selten vor, dass die amerikanische Filmindustrie in Deutschland dreht. Recht haben Sie! Ich geben zu, dass das nicht weiter nennenswert wäre, wenn - ja, wenn Herr „what else?“ samt Crew nicht zufällig währenddessen seit fast einem Monat in Ilsenburg, dem verschlafenen 6.000 Einwohner-Harzstädtchen residieren würden, das ich - jetzt wieder gerne und mit etwas Stolz in der Brust – mein Heimatstädtchen nenne!
Zwar ist man durch ein Irgendwas-mit-Medien-Studium und paralleler Arbeit in der schillernden Medienwelt recht bald Promi-immun, aber wenn es darum geht, dass vier Jahre nachdem man die eigene Heimat hinter sich ließ - weil bis dato medientechnisch nie etwas los war-, aus dem Harz auf einmal eine Film-Hochburg wird, geht man plötzlich ganz anders an die Sache ran. Auch wenn man Herrn Clooney unter anderen Gegebenheiten sonst andere Schauspieler vorziehen würde. Herrn Gosling zum Beispiel. Ich machte mich trotzdem auf den Weg in die alte Heimat.
Schon im Herbst des letzten Jahres war Clooney im Harz auf Drehortsuche für seinen Film. Doch klang das Ganze damals so abwegig, dass wohl niemand so wirklich daran glaubte, dass man tatsächlich im Harz drehen würde. Zu Unrecht! Jetzt, wenige Monate später wurde mal kurzerhand das gesamte 5-Sterne-Hotel der Stadt für einen Monat von George Clooney selbst für sich, Hund Einstein, die werten Kollegen Matt Damon, John Goodman, Mit-Produzent und Oscar-Preisträger Grant Heslov und den bunten Rest der Crew geblockt und mit Security und allem anderen Tamtam von der Außenwelt abgeschirmt.
Clooneys trautes Heim während der Dreharbeiten. Im Vordergrund: Rudernde Filmcrew-Menschen. Wahrscheinlich. |
Gedreht wird allerdings nicht in Ilsenburg, sondern in den benachbarten Städten Goslar, Osterwieck und Halberstadt, die neben alter Fachwerkstruktur vor allem einen Dom vorweisen, der für mehrere Tage gemietet werden kann (ich finde, so etwas ist ja vielleicht für private Zwecke auch mal gut zu wissen). Das stört meine ehemaligen Städtebrüder und -schwester aber eher wenig, wie ich feststellen musste: Im Stadtzentrum - insbesondere im Umkreis des Clooney-Zuhauses auf Zeit - sieht man momentan mehr Menschen als je zuvor. Plötzlich wird wieder auf Parkbänken und in Cafés gesessen, einfach mal so durch die Straßen geschlendert, oder im einzigen italienischen Restaurant der Stadt gespeist, welches – ganz zufällig, selbstverständlich – das Lieblingsrestaurant von George und seinem Team ist. Liebe Ilsenburger, ich habe euch ertappt! Das macht ihr doch sonst auch nie!
Das Promi-Fieber geht rum und packt jeden Harzer, musste ich mit Entsetzen feststellen. Und da macht die eigene Familie keine Ausnahme, leider: Mutter hat binnen weniger Tage ihr eigenes Fan-Girl-Sein für Kevin Costner und Harrison Ford an den Nagel gehängt und gehört seitdem dem Clooney-Gelage an. So werden neuerdings Zeitungsartikel ausgeschnitten und feinsäuberlich eingeschweißt, so, als wären es die ersten ausgefallenen Milchzähne der eigenen Kinder. Hollywood, was machst du nur aus den Menschen?
Ja, ja - "Die Harzer feiern ihren Clooney" (aus: Harzer Volksstimme) |
Ja, auch die örtliche Lokalpresse ist ganz aufgeregt und wuschig! Die Harzer Journalisten, die sonst vorwiegend über Kaninchenzüchtervereine und Wanderclubs berichten (kein Spaß!), fahren neuerdings täglich eine Sonderberichterstattung allererster Sahne auf, die Constanze Rick, Frauke Ludowig und Sibylle Weischenberg vor Neid und Anerkennung erblassen lässt! Fotos und Berichte zu Aufenthaltsorten nach Dreharbeiten und den Festivitäten Clooneys anlässlich seines im Harz gefeierten 52. Geburtstags füllen ganze Seiten. Das schafft noch nicht einmal der Bürgermeister!
Ja, irgendwie ist momentan alles etwas befremdlich in der Heimat. Doch irgendwann, zwischen diesem Hollywood-Dreh und dem nächsten, wenn der Hollywood-Glanz verfliegt, wird der Harz erneut in seinen gewohnten Dornröschenschlaf verfallen.
Aber wenn Ilsenburg bis dahin momentan nicht The-Place-To-Be ist, welche Stadt dann?
Okay, okay – Cannes, vielleicht.
Marie
„The Monuments Men“ – Ein Film, der auf einer wahren Gegebenheit während des Zweiten Weltkriegs basiert. Eine Gruppe internationaler Kunstexperten versucht die von Nazis aus Museen, Kirchen und Privatbsitz gestohlenen kostbaren Kunstschätze zu retten. George Clooney führt nicht nur Regie und produziert den Film, sondern steht unter anderem neben Matt Damon, John Goodman, Cate Blanchett und Bill Murray vor der Kamera.
Der Film soll im Dezember diesen Jahres in die US-Kinos kommen. Der Filmstart für Deutschland ist 2014 geplant.
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