Donnerstag, 31. Mai 2012

Un’ wenn datt Eurovision-Fanfär’sche jeht.


Ach, Mensch, was war das wieder spannend! Letzten Samstagabend, als Europa sich traf –nein, nicht wie sooft in der letzten Zeit zum Trübsalblasen über diverse finanzielle Defizite, sondern zum alljährlichen Türklinke-in-die-Hände-Geben bei der größten Unterhaltungsshow, die der Kontinent zu bieten hat: dem Eurovision Song Contest. Nachdem im vergangenen Jahr, von allen Seiten unerwartet, Ell und Nicki, die menschgewordenen Susi und Strolch aus Aserbaidschan in Düsseldorf den Wettbewerb für sich entscheiden konnten, war das musikalische Europa in diesem Jahr also zu Gast in Baku.

Trotz des für den Eurovision Song Conests bisher ungewöhnlichen, orientalischen  Austragungsortes, war dieses Jahr, abgesehen von den zuvor hitzig geführten politischen Debatten, mal wieder alles so, wie man es aus den vergangenen Jahren kannte:

War den eigenen grauen Zellen während der vergangenen zwölf Monate erneut sämtliches Wissen in Sachen „Länderkunde Europa“ und „Teilhabende Länder der Europäischen Rundfunkunion“ abhanden gekommen, so konnte man diese Wissenslücke auf ein Neues bestens füllen und währenddessen über die zukünftige musikalische Geschmacksentwicklung Europas philosophieren. Denn auch in Baku war wieder alles vertreten: Vom klassischen Europop, über Skurrilitäten, wie den verrückten, rüstigen russischen Omis, bis hin zu eben ganz akzeptablen, hörenswerten, gut produzierten Nummern, wie dem siegenden schwedischen Beitrag.

  
Liebe Leser_innen, sollten Sie die letzten Monate ein Interesse daran entwickelt haben, mehr über uns zu erfahren, dann fühlen Sie sich an dieser Stelle zum Weiterlesen herzlichst eingeladen. Die nächsten Zeilen dieses Blogeintrages sind die wohl persönlichsten, die es bisher von den zwei zukünftig-beruflich-irgendwas-mit-Medien-Menschen, die hinter Penibelichkeit stehen, zu lesen gab. 
Und das dank des Eurovision Song Contest! Peinlich berührt? Pah - wir doch nicht! 
Nun ja - vielleicht ein bisschen.

Um uns vorab zu erklären: Die Begeisterung, die wir für dieses europäische Musikspektakel empfinden ist unserer familiär betriebenen Mediensozialisation zuzuschreiben.
So, wie andere in Kindheitstagen den Geschichten ihrer Eltern über damalige mediale Großereignisse wie dem ersten Menschen auf dem Mond mit gespitzten Öhrchen lauschten, konnten wir gar nicht genug davon bekommen zu erfahren, wie das denn damals so war, damals als Nicole sich mit ihrem Weltverbesserungsschmachtfetzen über Frieden, Freude und noch mehr Liebe ins Herz aller Europäer trällerte und Grand Prix Urgestein Ralph Siegel seinen ersten - und wahrscheinlich auch letzten - Coup landen konnte. Dank der musikalischen Aufgeschlossenheit unserer Eltern und der Tradition, die sich um das gemeinsame Vor-dem-Fernseher-Sitzen in unseren Familien etabliert hat, haben wir schon früh gelernt, mitzufiebern und dem kollektiven Frustschieben über vermeintliche ‚ungerechte’ Punktevergabe beizuwohnen.

Doch dieser alljährliche Ausnahmezustand, der seit Menschengedenken in unseren heimischen vier Wänden anzutreffen ist, sollte mit dem letzten Jahr seinen Zenit erreichen:
Auch wenn es uns schwer fällt und wir ihre Person und Musik selbst eher ‚geht so’ – um ehrlich zu sein eigentlich ziemlich kacke – finden und wir uns immer geschworen haben, ihr nie auch nur einen Nebensatz auf diesem Blog zu widmen, schulden wir ihr dennoch ein kleines „Danke, Lena“.
Wir müssen ehrlich sein: Wäre sie nicht diejenige gewesen, die - und wir fragen uns „wie?“, denn an den Gesangskünsten und der Persönlichkeit kann es nicht gelegen haben- es 2010 in Oslo schaffte, ganz Europa um ihren kleinen Finger zu wickeln und den Song Contest  2011 in unser Land zu holen, dann wären wir dem ganzen Spektakel wohl nie so nahe gewesen. Und was hatten wir dabei für ein Glück: Trotz des desaströsen Englischs unserer Starterin, bei dem sich wahrscheinlich die Fußnägel sämtlicher Muttersprachler hochrollten, wurden Lena und wir verstanden: Unsere europäischen Mitbürger empfingen unseren Notruf und erfüllten uns nach 28 Jahren endlich mal wieder den Traum von „Twelve Points“. Und wie sie das taten!

Quelle: Penibelichkeit
Lange Rede, kurzer Sinn: Nachdem sich Düsseldorf als einzige Stadt herausstellte, die sich nicht nur darüber freuen kann, einigermaßen schuldenfrei zu sein, sondern auch eine sehr gönnerische, erstklassige Fußballmannschaft zu beherbergen, die ihren heiligen Rasen mal eben für einige Woche entbehren kann, und sich somit als prädestinierten Austragungsort des ESCs erwies, stand unser Entschluss fest: Der ESC in Düsseldorf? Ran an die Front!

Da unser musikalisches Talent eher dürftig ist, hatten wir Glück, dass sich uns noch eine andere Option bot, Teil des Ganzen zu werden.
Und wir brachten alles mit, was man dafür brauchte: Junge Frische, Begeisterung, Elan, Motivation und Freude am Arbeiten für Lau. Kurzum: Wir waren die perfekten Volunteers. Nachdem das berüchtigte, harte Bewerbungsverfahren durchlaufen und auch das anschließende Casting mit Bravur bestanden war, durften wir uns offiziell als zwei der glücklichen 550 Freiwilligen zählen, die beim ESC arbeiteten.

Quelle: Penibelichkeit
Als charmante Gehilfen internationaler Journalisten im Pressezentrum und stressresistente Koordinatoren des Social Programms, dem Kulturprogramm für die teilnehmenden Delegationen, hatten wir neben der täglichen Arbeit natürlich auch die besten Chancen einiges von dem nützlichen Vitamin B aufzunehmen, das in der Medienwelt ja bekanntlich das Non-Plus-Ultra-Good-To-Have ist.
Trotz einiger Angebote diverser ESC-erfahrener Journalisten für deren Internetseiten, Blogs, etc. zu schreiben, fiel unsere Entscheidung dafür, uns den Song Contest in diesem Jahr mal wieder etwas distanzierter von der Quelle aus zu Gemüte zu ziehen.

Doch wer hätte das gedacht, dass sich so ein Volunteer-Dasein auch noch ein Jahr nach dem eigentlichen Ereignis rentiert: Dank der schlappen Kartenvorverkäufe für die ersten Shows von „Unser Star für Baku“, sollten wir in den Besitz von Freikarten gelangen. Auch wenn sich unsere Freude darüber eher in Grenzen hielt, ließen wir die Chance nicht ungenutzt, denn wie sagt man so schön: Einem geschenkten Gaul schaut man nicht ins Maul. Selbstverständlich auch wir nicht. Also ging es eines frostigen Abends im Januar raus ins industrielle Köln-Mülheim und rein in die heiligen, kuscheligen Fernsehhallen des Herrn Raabs. Obwohl wir keine Fans solcher Castingformate sind, hielten wir es immerhin bis zur zweiten Werbeunterbrechung aus und rochen somit schon frühzeitig den Braten in Sachen Roman Lob!

Und gut hat er es gemacht, der Roman. Platz Acht. Trotz für den ESC eher schläfriger Nummer und des, warum auch immer, ständigen Sich-in-den-Vordergrund-Rückens Lena Mayer-Landruts(?!?). Chapeau!
Und ganz unvoreingenommen (immerhin 50% von Penibelichkeit ist in dieser Sache objektiv, hingegen schlägt bei der anderen Hälfte familiär bedingt von jeher das Herz für Schweden) können wir unterstreichen, dass sich Loreen als eine ehrenwerte Siegerin für den diesjährigen Contest erwiesen hat.

Nächstes Jahr also Schweden. Stockholm? Göteborg? Malmö? Man weiß es noch nicht, aber was wir, Penibelichkeit, schon jetzt wissen, ist, dass wir uns dem ganzen ESC-Hype gerade deshalb wahrscheinlich mal wieder nicht entziehen können. Erneute Berichterstattung, und diesmal von vor Ort? Höchst wahrscheinlich!

Sverige, vi kommer.

Luise

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