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Anna hat einen
Nebenjob fernab der Studentenjob-Normalität –
Sie castet Protagonisten für Scripted Reality Sendungen
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Studenten. Die
Akademiker von Morgen. Von denen gibt es grob gesagt zwei Typen.
Die Einen sind
faul, haben – anders als alle anderen -
seltsamerweise ständig frei und auf Real Life und Arbeitsmarkt noch
weniger Bock, als auf die Klausurenphase am Ende des Semesters. Lieber hängen
sie in irgendwelchen Kneipen rum, saufen sich ihr Leben noch entspannter, als
es überhaupt schon ist und belohnen ihren eigenen, dauerhaften Selbstbeschiss in
Sachen erbrachter Leistung nicht nur am Semesterende – nein, eigentlich
permanent. Man gönnt sich ja sonst nichts. Finanziert wird der ganze Spaß selbstverständlich
von Mama und Papa. Wie alles andere im Leben übrigens auch.
Die Anderen, die,
die nicht das Glück haben, keinen Anspruch an sich und ihr Studium zu
haben, ihrer Zukunft nicht schon jetzt den Mittelfinger zeigen und sich auf die
dauerhafte Finanzspritze der reichen Eltern verlassen, denen bleibt nichts
anderes übrig, als das eigene Leben schon während des Studiums selbst in die Hände zu nehmen, ordentlich ranzuklotzen und sich den Lebensunterhalt - so gut es eben geht - selbst zu finanzieren.
Was Letzteres
angeht, quälen sich viele nach einem langen Vorlesungstag durch noch längere
Schichten in diversen Bars, sitzen an Supermarktkassen oder holen sich die
fiesesten Lungenentzündungen, während sie den Rauhaardackel der Omi von Nebenan
liebevoll, aber bestimmend durch den Park zerren.
Viel cooler sind
da Jobs fernab der unverblümten typischen Studentenjob-Realität. Jobs, mit
denen man nebenbei nicht nur Eindruck schinden kann, sondern auch erste, für
die spätere Karriere nützliche Berufserfahrungen sammelt.
Einen von diesen
hat Anna Melcher. Sie ist 24 und hat das goldene Los gezogen, schon jetzt einen
Job in der schillernden Medienwelt zu haben.
Nach dem Abi hat
sie zunächst eine Ausbildung in einem ganz anderen Bereich gemacht, dann aber
doch den Reiz und Charme der Medien erkannt und ein Praktikum bei einer Produktionsfirma gemacht. Das hat ihr
mal gleich so gut gefallen, dass sie sich dazu entschied, ein Studium zu
beginnen, dass sie fit in Sachen Medien macht. So studiert sie jetzt in
Düsseldorf Sozialwissenschaften und arbeitet nebenbei - nun nicht mehr als
Praktikantin, sondern mittlerweile als Studentische Hilfskraft - bei oben
erwähnter Produktionsfirma, die im Übrigen filmpool heißt und Fernsehen für
RTL, RTL2, Vox und Sat.1 macht.
In einem Interview
hat uns Anna erzählt, was genau
ihr Job bei filmpool ist, und warum ihr Nebenjob ein cooler Nebenjob ist.
Anna, du bist erst über Umwege zu den Medien gekommen. Wie kam’s?
Ich wollte erst gar nichts mit
Medien machen, sondern hab erstmal eine Ausbildung zur Bürokauffrau gemacht. Hab
dann aber gemerkt, okay, das ist ein bisschen langweilig. Daraufhin hab ich mir
gedacht, probierst du mal die Medien aus. Ich hab mich dann bei der Castingabteilung von filmpool
für ein Praktikum beworben und das glücklicherweise auch bekommen. Dort hab ich
dann alle Grundlagen gelernt: Leute anrufen und einladen, sie
währenddessen betreuen und schließlich auch casten. Und dabei bin ich dann
einfach geblieben.
Wie sieht so der Arbeitsalltag bei dir aus? Und wie gut lässt sich der
mit deinem Studium vereinbaren?
Das sieht so aus, dass wir in
verschiedenen Städten Deutschlands casten. Wir fahren freitags im Team zusammen
los und casten die Leute, die sich
bei uns beworben haben direkt vor Ort. Und dadurch, dass ich hauptsächlich am
Wochenende arbeite, lässt sich das mit dem Studium richtig gut vereinbaren. Ich
kann mir meine Arbeitszeit so
einteilen, wie es mir zeitlich passt.
Wenn du immer so viel unterwegs bist, dann bleibt dir vom Wochenende ja
eigentlich nicht viel übrig. Fällt das in Sachen Uni nicht wahnsinnig schwer?
Ja, gerade wenn Klausurphase ist
und man arbeitet, ist das schon anstrengend, aber wir arbeiten ja nicht rund um
die Uhr. Nach dem Feierabend bleibt immer Zeit, um mit den Kollegen privat noch
etwas zu unternehmen, oder eben etwas für die Uni zu machen. Man muss nur lernen, sich selbst zu
motivieren.
Um noch mal auf die Castings zu sprechen zu kommen: Wie muss man sich so
ein Casting vorstellen?
Die Leute, die sich bei uns
beworben haben, werden von uns zu dem Casting eingeladen. Vor dem eigentlichen
Casting bekommen sie den Castingfall als Script in die Hand: Das ist eine
allgemein geschriebene Geschichte, in die sich jeder gut rein versetzen kann
und die von ihnen später gespielt werden soll. Den lesen sie sich dann in Ruhe
durch und gehen anschließend in Gruppen von 5 bis 10 Leuten in den Raum, wo der
Caster und der Bewerten sitzen. Das Casting wird immer von zwei Leuten aus
unserem Team gemacht: Einer, der selbst eine bestimmte Rolle übernimmt und zusammen
mit den Bewerbern den Castingfall durchspielt und einer, der die Qualitäten des jeweiligen
Bewerbers bewertet.
Und wie kommt ihr jetzt genau an die Leute, die sich bei euch bewerben?
Erstmal durch Zeitungsannoncen, in
den jeweiligen Lokalzeitungen der Städte, in denen wir casten, z.B.
Dresden, Leipzig, München, Osnabrück. Dann auch durch unseren Internetauftritt
(www.filmpool.de). Aber viele Bewerber
lesen auch in den Abspännen von z.B. "Familien im Brennpunkt", "Richterin Barbara Salesch", "Niedrig und
Kuhnt", "Verklag mich doch!", "X-Diaries" und "Berlin Tag und Nacht", dass wir diese
Sendungen produzieren und rufen dann direkt bei uns an.
Und was sind das so für Leute, die sich bei euch bewerben?
Das ist echt ein Querschnitt durch
die Bevölkerung. Vom Anwalt und Arzt bis zur Fleischerei-Fachverkäuferin, aber
auch Hartz 4- Empfängern. Das kann man gar nicht so pauschal sagen. Auch viele
Jüngere melden sich bei uns, denn gerade "Berlin Tag und Nacht" kommt bei denen
so gut an, dass sie Lust haben, selbst mal mitzuspielen. Aber auch für "X-Diaries" bewerben sich viele, weil sie denken, sie können schön Urlaub machen,
was aber nicht der Fall ist. Denn was viele vergessen, ist, dass so ein Dreh
eben auch Arbeit ist.
Ihr castet ja hauptsächlich für Scripted Reality Formate. Wie reagieren
denn die Leute in deinem Umfeld darauf, wenn du denen erzählst, was dein Nebenjob ist?
Gemischt. Die einen finden das, was ich dort mache ganz
cool und interessant. Generell sind die Meinungen, wie man
weiß, bei den Formaten geteilt. Aber generell kennt sie jeder, selbst die Leute,
die sagen „Wie, Familie im Brennpunkt?! Voll asozial!“ haben die Sendung mit
großer Sicherheit schon mal geschaut, auch wenn sie es versuchen
abzustreiten.
Wie beurteilst du die Formate selbst? Findest du sie gut? Schaust du
sie dir selbst an?
Ich guck’ mir die ab und an auch selbst an. Man kennt das ja: Man zappt durch und bleibt früher oder später dabei
hängen. Selbstverständlich ist das kein investigativer Journalismus mit
hohem Anspruch an sich selbst, aber eben leichte Kost und Unterhaltung. Wenn
man sich einfach mal berieseln lassen will, kann es schon das Richtige sein.
Du, als quasi-Insiderin: Kannst du etwas zur Zukunft dieser
Formate sagen? Wie lange wird Scripted Reality
noch die Fernsehlandschaft durchziehen?
Puh, schwer zu sagen. Aber ich
glaub, das wird noch andauern, wie man an den Quoten der Sendungen sieht. Die
sind konsequent am Steigen. Ich glaub, so schnell wird das nicht abflauen. Es
sei denn, es gibt jetzt demnächst eine neue Entwicklung. Aber ich kann mir
vorstellen, dass das vorerst weiter
anhalten wird, gerade was die Beliebtheit von Scripted Reality Formaten angeht.
Denn die Nachfrage ist groß: Früher waren es nur zwei Programme am Nachmittag. Heute gibt es so gut wie keinen privaten Sender, der ohne das Format
auskommt. Auch die Sendedauer spricht für sich.
Zurück zu deinem Job: Auf was kommt es eigentlich an? Was muss man mitbringen
als Caster für solche Formate?
Offenheit. Aber auch nicht
schüchtern zu sein, denn man muss sich trauen auf die Leute zuzugehen und ihnen
nicht nur alles erklären, sondern unter Umständen auch selbst mitspielen. Wenn man da ein schüchterner Typ ist,
dann läuft das nicht. Das sieht man auch daran, dass man die Bewerber beim
Casting schon das ein oder andere Mal aus der Reserve locken und ihnen ihr
Talent, wenn man es so nennen mag, bewusst machen muss. Man muss sich trauen, auch mal
ein bisschen lauter zu werden.
Ganz wichtig für den Job sind eben Menschenkenntnisse.
Nur mit denen sieht man, dass man aus dem ein oder anderen Bewerben noch ein
bisschen mehr herauskitzeln kann oder merkt, ‚Da geht doch noch mehr’!
So wie du von deinem Job erzählst, kannst du ihn also auf jeden Fall
weiterempfehlen?
Ja, absolut, weil er der coolste
Nebenjob der Welt ist!
Und wie sieht’s bei dir persönlich aus? Möchtest du später weiter in
diesem Bereich arbeiten - also allgemein bei Produktionsfirmen - oder soll’s
doch mal ganz woanders hingehen?
Da bin ich mir selbst noch nicht so
sicher. Es macht auf jeden Fall großen Spaß und ist abwechslungsreich, kreativ.
Das Problem generell bei den Medien sind immer die Arbeitszeiten. Wenn man eine
Familie hat, ist Arbeiten am Wochenende vielleicht nicht ganz so schön. Es
kommt immer auf die eigenen Lebensumstände an und wie man damit umgehen kann zu
arbeiten, wenn Andere ein freies Wochenende haben.
Ich weiß nicht, wie sich mein Leben
entwickelt und ob dann alles noch so passt, aber im Moment ist es genau das
Richtige für mich.
Luise